Im Juni 2024 hatten Teile der Gemeindevertretung eine Anfrage im Finanzausschuss gestellt, ob die Gemeinde es sich leisten könnte, ein neues, teures Schulzentrum in Wentorf zu planen und zu bauen. Die Verwaltung hatte den Auftrag, zwei Finanzierungsvarianten gegenüberzustellen:
- die sog. Eigenfinanzierung, d.h. die Gemeinde macht mit dem eigenen Personal und weiteren Fachleuten alles selbst, plant, baut und finanziert oder
- über ein sog. ÖPP Verfahren (Öffentliche-Private-Partnerschaft), bei der ein privater Investor nach Vorgaben der Gemeinde im Gemeindegebiet plant, entwirft, baut und finanziert und mit einem „partnerschaftlichen Vertrag“ absichert.
Vorgabe für den Variantenvergleich: angenommene Kosten für ein Schulzentrum in Höhe von 100 Mill. Euro.
In der Sitzung des Finanzausschusses am 17.10.2024 wurde diese Annahme aufgegriffen. Um zu einem Ergebnis zu kommen, mussten verwaltungsseitig viele weitere Annahmen hinzugefügt werden. Ergebnis ist eine als „Wirtschaftlichkeitsberechnung“ bezeichnete Vorlage, die genau genommen nur aus Fiktionen und Annahmen besteht und wenig Aussagekraft hat – besonders weil nicht geklärt ist, auf welcher Fläche das Schulzentrum errichtet werden soll. Weder der Verwaltungsvortrag, noch die Vorlage ( 2024/1.2/166 ) und auch nicht die Wortbeiträge im Ausschuss wiesen auf die zwingende Notwendigkeit hin, eine umfassende Wirtschaftlichkeitsberechnung nach den gesetzlichen Anforderungen zu erarbeiten. Dieser Fehler war schon bei der Planung des Feuerwehrgerätehauses gemacht worden, was verhängnisvolle Folgen hatte, den gesamten Planungsprozess erheblich verzögerte und zu einer Kostenexplosion führte.
Die gesetzlichen Anforderungen in allen Haushaltsgesetzen sowohl im Bund als auch in den Bundesländern findet sich für die Gemeinden in § 12 der Gemeindehaushaltsverordnung SWH:
„Bevor Investitionen von erheblicher finanzieller Bedeutung beschlossen werden, soll unter mehreren in Betracht kommenden Möglichkeiten durch Vergleich der Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach § 41 und der Folgekosten die für die Gemeinde wirtschaftlichste Lösung ermittelt werden.“
Anders gesagt: es muss zwingend ermittelt werden, ob der Erhalt und der Ausbau der Bestandsgebäude (sowohl des Gymnasiums als auch der Gemeinschaftsschule) wirtschaftlicher wäre, als ein kompletter Neubau an anderer Stelle – auch unter Berücksichtigung der Kosten für den Grunderwerb. Dieser wird notwendig sein, da die Gemeinde nach eigenen Angaben über keine geeigneten Flächen verfügt. Weiter heißt es in der Gemeindehaushaltsverordnung:
„Auszahlungen und Verpflichtungsermächtigungen für Bauten und Instandsetzungen an Bauten sollen erst veranschlagt werden, wenn Pläne, Kostenberechnungen und Erläuterungen vorliegen, aus denen die Art der Ausführung, die Kosten der Maßnahme, des Grunderwerbs und der Einrichtung sowie die voraussichtlichen Jahresraten unter Angabe der Kostenbeteiligung Dritter und ein Bauzeitplan im einzelnen ersichtlich sind. Den Unterlagen ist eine Schätzung der nach Fertigstellung der Maßnahme entstehenden jährlichen Haushaltsbelastungen beizufügen. …“
Diese (realistische) Wirtschaftlichkeitsberechnung setzt viele Parameter voraus und sollte, wenn das Know how nicht ausreicht, von einer unabhängigen Stelle erarbeitet werden. Vorher jedoch müsste der Standort ermittelt und gekauft werden. Und dies wird 100 Millionen Euro sicher übersteigen. Im Finanzausschuss wurde darüber kein Wort verloren. Die sich anschließende Diskussion ließ jedoch den Willen erkennen, an dem Gedanken eines neuen Schulzentrums festzuhalten. Aus dem Seniorenbeirat wurde die Frage gestellt, wie denn das ÖPP-Verfahren beim Bau des Kinderzentrums (Grundschule und Kita Lütte Lüüd/eingeweiht 2013) verlaufen und vor allem wie es finanziert worden sei. Die Frage konnte nicht beantwortet werden. Dabei hatte der Bau des Kinderzentrums landesweit Aufmerksamkeit erweckt, gerade weil es im ÖPP Verfahren geplant, finanziert und errichtet wurde. „Ein erster Schritt ist durch diese Berechnungen gemacht“ so der Finanzausschussvorsitzende. Die betroffenen Schulen haben bereits ihre Ablehnung signalisiert. Der Kinder – und Jugendbeirat wurde dazu noch nicht gefragt. Die Öffentlichkeit auch nicht.
WiB-Online regt eine Bürgerbeteiligung zu der Frage an:
KÖNNEN WIR UNS DAS ALLES LEISTEN?
Hallo und guten Tag,
als Gemeindevertreter hat man es schon schwer. Jetzt wollten wir aus den Erfahrungen zur Planung des Feuerwehrgerätehauses lernen – und nun ist das auch wieder falsch. Ein bisschen mehr Fairness wäre schön.
Bei der Feuerwehr sind wir über die Raumplanung gegangen. Diese ist in sehr vielen Sitzungen immer weiter verfeinert und dann entschieden worden. Dann folgte die Planung auf Basis dieses Bedarfs. Wenn man dann merkt, das wird teuer, kann man kaum zwei Jahre zurückgehen und wieder von vorn anfangen – selbst wenn wir das gewollt hätten.
Bei der Schule wollten wir daher genau ganz am Anfang einmal klären, ob das überhaupt für die Gemeinde finanzierbar ist oder uns überfordert – also noch lange bevor wir in die Planung gehen. So wollen wir vermeiden, dass wir jahrelang darüber streiten, warum der Raumbedarf für Gemeinschaftsschüler 50 % größer ist als für Gymnasiasten etc etc. – und zum Schluß merken, dass wir das ohnehin nicht finanzieren können.
Man könnte auch sagen, wir haben die Anregungen aus WiB aufgenommen. Daher verstehe ich die Kritik daran nun nicht.
Inzwischen hat sich das Schulgesetz des Landes geändert. Wir können zukünftig echte Kosten auf benachbarte Gemeinden umlegen, die Schüler zu uns schicken. Das bedeutet in etwa, dass Wentorf nur rd. 40 % der Investition selbst tragen muss.
Gerne trage ich weiter zur Versachlichung bei.
Grüße
Peter Meyer
Es hat wohl wenig bis gar nichts damit zu tun, ob ein oder alle Gemeindevertreter unfair behandelt werden. Der Kommentar von Herrn Meyer trägt auch nicht dazu bei, das Thema zu versachlichen. Ganz im Gegenteil:
Nun wird wirklich deutlich, dass bis heute die gesetzlichen Grundlagen nicht bekannt sind und damit weiterhin Bauchentscheidungen möglich sind. Der fiktive Antrag an die Verwaltung besteht nur aus Annahmen und beweist in keiner Weise eine Finanzierbarkeit oder Nichtfinanzierbarkeit. Eine „Wirtschaftlichkeitsberechnung“ wie die Berechnung bezeichnet wird, ist es nicht.
Die Herangehensweise mit den Worten (Zitat:) „Die CDU-Fraktion würde gern, wie andere Fraktionen auch, ein neues Gymnasium und eine neue Gemeinschaftsschule an einem gemeinsamen Standort errichten“ zeugt davon, dass der dritte oder vierte Schritt vor dem ersten gemacht werden soll, denn zunächst fehlt es an einer Bedarfsanalyse. Die Ergebnisse aus den „Konsensworkshops von 2023“ geben den Bedarf für ein ganzes „Schulzentrum“ überhaupt nicht her. (Quelle: Bürgerausschuss 02.05.2023, Phase 0 – Bedarfsermittlung Wentorfer Schulen)
Die genannten Schulen wurden in den letzten 25 Jahren jährlich nach den Wünschen der jeweiligen Schulleiter und Schulkonferenzen erweitert und umgebaut. Das hat die Gemeinde als Schulträger einen Haufen Geld gekostet. Wenn nun der Wunsch der Gemeindevertretung (nicht der Schulen) besteht, alles einzureißen und neu zu machen, so muss man zwangsläufig erst einmal prüfen, wie es an den vorhandenen Standorten ermöglicht werden kann. Sowohl am Gymnasiumsstandort als auch am Standort der Gemeinschaftsschule sind genügend Potentiale vorhanden.
Seit Monaten wird der Eindruck erweckt, in Wentorf wären die Schulen weder zeitgemäß noch gut ausgestattet, wie es in anderen Städten und Gemeinden der Fall sein mag. Dem ist jedoch zu widersprechen! Der Schulträger ist den Wünschen der Schulen ohne wenn und aber immer nachgekommen. Die inhaltlichen Änderungen in den Schulen, die da heißen „weg vom Frontalunterricht“, ist nicht Sache des Schulträgers, sondern Sache des Landes zusammen mit seinem „Personal“, dem Lehrkörper. Lehrer und Lehrerinnen müssen in ihrer Ausbildung eine andere Form des Unterrichtes erlernen, sie müssen in die Lage versetzt werden, in ihrem Unterricht die strengen und umfangreichen Vorgaben des „Lehrplans“ in die tägliche Praxis umzusetzen. Sie müssen lernen, zu kommunizieren und ein gutes Verhältnis zu den Schülerinnen und Schülern aufbauen. Eine schwierige Aufgabe, für die es auch Rückhalt „von oben“ bedarf. Noch einmal gesagt: das ist nicht die Sache des Schulträgers.
Die Anfrage der CDU Fraktion sah auch eine weitere Annahme vor: die Gründung eines Schulverbandes. Dazu wurden überhaupt keine Aussagen gemacht. Vermutlich, weil von vornherein fest steht, dass damit die Kosten explodieren (allein schon durch den beispiellosen Verwaltungsaufwand, den die angeschlossenen Gemeinden mit bezahlen müssten).
Die Aussage „Wir können zukünftig echte Kosten auf benachbarte Gemeinden umlegen, die Schüler zu uns schicken.“ ist sachlich leider falsch. Die Gemeinden „schicken“ nicht Kinder nach Wentorf, sondern die Eltern entscheiden sich dafür. Die Wentorfer Schulen sind so ausgelegt, dass sie „auswärtige“ Schülerinnen und Schüler benötigen um ihren Standard überhaupt halten zu können. Nur 50% der Schülerinnen und Schüler kommen aus Wentorf.
Wenn die Umlandgemeinden bei dem angenommenen Konstrukt 60 % (auch der Investitionskosten) übernehmen sollen, wird die eine oder andere Gemeinde evtl. nach anderen Lösungen suchen, als ein teueres Schulzentrum zu finanzieren, für das es keinen sachlichen Grund gibt.
Zu Ihrem Beitrag möchte ich, als Schulleiterin der Gemeinschaftsschule Wentorf, einige Punkte klarstellen:
1. Die Behauptung, dass die Schulen in Wentorf „in den letzten 25 Jahren jährlich nach den Wünschen der jeweiligen Schulleitungen und Schulkonferenzen erweitert und umgebaut“ worden seien, entspricht leider nicht der Realität. Vielmehr mussten wir z.B. unseren dringenden Erweiterungsbedarf schon vor Jahren durch bereits stark gebrauchte Container decken.
2. Ebenso muss ich der Aussage widersprechen, der Schulträger sei „den Wünschen der Schule ohne Wenn und Aber immer nachgekommen.“ So wurde z.B. erst nach langem Warten und wiederholten Anfragen im Sommer 2024 der Fußboden der Container-Klassenräume saniert – ein Austausch, der bereits 2021 angemeldet worden war.
3. Schönheitsreparaturen wurden in der Vergangenheit ebenfalls nur sehr zögerlich durchgeführt. So haben wir zehn der Container-Klassenräume eigenständig mit Hilfe von Schüler*innen, Lehrkräften und Eltern gestrichen. Eine umfassende Renovierung der Klassenräume und Teile der Flure im Hauptgebäude wurde von der Gemeinde erst 2022/23 in Auftrag gegeben – nach vielen Jahren des Wartens. Ich lade Sie herzlich dazu ein, sich die Mühe zu machen, uns zu besuchen und sich bei einer Führung durch die Schule selbst ein Bild zu machen. Dies würde helfen, Missverständnisse zu vermeiden und den tatsächlichen Bedarf der Schule vor Ort wahrzunehmen.
4. Ein moderner Schulbetrieb lässt sich nicht alleine z.B. durch die Ausstattung mit digitalen Tafeln definieren. Es geht um ein komplexes Zusammenspiel aus Infrastruktur und angemessenen Räumlichkeiten, anders gesagt, um die für den heutigen Unterricht notwendigen Rahmenbedingungen.
5. Abschließend möchte ich betonen, dass es auch die Verantwortung des Schulträgers ist, sicherzustellen, dass eine Schule ihrem Bildungsauftrag gerecht werden kann. Dass beispielsweise eine Sporthalle ohne Ersatz abgerissen wird, ist ein schwerwiegender Einschnitt in unser Bildungsangebot. Es wäre wünschenswert, wenn zukünftig der Dialog und die Zusammenarbeit im Vordergrund stehen. Eine sachliche Diskussion und der direkte Austausch mit den Beteiligten vor Ort wäre professionell und respektvoll und tragen mehr zur Weiterentwicklung der Schule bei als öffentliche Spekulationen. Ein respektvoller Umgang mit dem Thema Bildung setzt voraus, dass alle Akteur*innen offen und gut informiert zusammenarbeiten – zum Wohle der Schülerinnen und Schüler.
Mit freundlichen Grüßen
D. Junghans
Rektorin
Ein Statement der Gemeindevertretung wäre sicher interessant – einfordern kann der Bürger es wohl nicht. In der Einwohnerfragestunde der Gemeindevertretung (21.12.2024) oder im Finanzausschuss (14.12.2024) können jedoch Fragen gestellt werden.
Sie haben es richtig verstanden: die Vorgaben sind einzuhalten. Wie die Gemeinde diese Aufgabenerfüllung jedoch versteht, ist eine Sache der Fachkenntnisse insbesondere in der Verwaltung, aber auch in der Politik. Die gesetzlichen Vorgaben sind bei einem ehrenamtlichen Gremium oftmals nicht bekannt.
Wir Bürger können die Konsequenzen aus „schlechter Arbeit“ oder Unzufriedenheit mit den Beschlüssen nur durch unseren Wählerwillen zum Ausdruck bringen. Daher sollte jede interessierte Bürgerin/Bürger die politischen Beschlüsse verfolgen und sich auch einbringen durch Fragen und Anregungen. Dafür gibt es auch WiB online! Wir haben Wentorf im Blick.
Danke Monika Lohmann!
Mich würde ein Statement der Gemeindevertretung interessieren. Kann „der Bürger“ das einfordern? Wenn ich es richtig verstanden habe, sind die Vorgaben einzuhalten, richtig?
Vielen Dank für diesen aufschlussreichen Bericht.